Urteil vom 10.07.2025 -
BVerwG 7 A 14.24ECLI:DE:BVerwG:2025:100725U7A14.24.0
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Zitiervorschlag
BVerwG, Urteil vom 10.07.2025 - 7 A 14.24 - [ECLI:DE:BVerwG:2025:100725U7A14.24.0]
Urteil
BVerwG 7 A 14.24
In der Verwaltungsstreitsache hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 10. Juli 2025 durch den Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichts Prof. Dr. Korbmacher und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Günther, Dr. Tegethoff, Dr. Löffelbein und die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Bähr ohne mündliche Verhandlung für Recht erkannt:
- Die Klage wird abgewiesen.
- Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Gründe
I
1 Die Klägerin ist eine kreisangehörige Gemeinde. Sie wendet sich gegen die der Beigeladenen erteilte beschränkte wasserrechtliche Erlaubnis zur Niederbringung von Erkundungsbohrungen, wovon einige in ihrem Gemeindegebiet liegen.
2 Der Beigeladenen wurde die Erlaubnis zunächst mit Bescheid vom 15. September 2021 erteilt. Hiergegen erhob die Klägerin Klage zum Verwaltungsgericht München. Während des Klageverfahrens ergingen zwei Änderungsbescheide vom 20. Dezember 2021 und vom 12. Dezember 2022, um die die Klage jeweils erweitert wurde. Mit Urteil vom 15. November 2023 wurde die Klage abgewiesen. Die Klägerin sei nicht klagebefugt. Der hiergegen gerichtete Antrag auf Zulassung der Berufung wurde mit Beschluss vom 19. Juni 2024 vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zurückgewiesen.
3 Mit dem dritten Änderungsbescheid vom 20. November 2023 verlängerte der Beklagte die wasserrechtliche Erlaubnis bis zum 31. Dezember 2024. Das auch hiergegen angerufene Verwaltungsgericht München erklärte sich mit Beschluss vom 5. August 2024 für unzuständig und verwies den Rechtsstreit an das Bundesverwaltungsgericht. Die Klägerin macht geltend, dass der Beklagte die Frist zur Durchführung der Erkundungsbohrungen nicht isoliert verlängern könne. Die Bohrungen würden im Übrigen nach gegenwärtigem Planungsstand nicht mehr gebraucht und seien von daher unverhältnismäßig. Durch die Bohrungen werde in Eigentumsrechte Dritter, auch der Klägerin eingegriffen. Die Trassenführung "Pink" beschädige zudem ein wichtiges Trinkwasservorkommen.
4 Mit Bescheid vom 12. Dezember 2024 hat der Beklagte die Erlaubnis abermals, nunmehr bis zum 31. Dezember 2025 verlängert. Hiergegen hat die Klägerin vor dem Bundesverwaltungsgericht Klage erhoben (- BVerwG 7 A 2.25 -).
5
Die Klägerin beantragt schriftsätzlich,
den Bescheid des Landratsamts R. in dem Verfahren mit dem Az. ... "Vollzug der Wassergesetze; Niederbringung von 22 Erkundungsbohrungen sowie deren Teilausbau zu 18 Grundwassermessstellen als auch zu 4 vollständig ausgebauten Piezometermessstellen entlang des erweiterten Planungsraums des Brenner-Nordzulaufs in den Gemeinden A., B. und C., hier: 3. Änderung der wasserrechtlichen Erlaubnis vom 15. September 2021 in Verbindung mit den Änderungsbescheiden vom 20. Dezember 2021 und vom 12. Dezember 2022 durch Antrag auf Verlängerung der Erlaubnisdauer" vom 20. November 2023 aufzuheben.
6
Der Beklagte und die Beigeladene beantragen jeweils,
die Klage abzuweisen.
7 Sie halten die Klage bereits für unzulässig.
8 Die Vertreterin des Bundesinteresses beteiligt sich nicht an dem Verfahren.
9 Hinsichtlich der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten.
II
10 Mit Einverständnis der Beteiligten kann der Senat ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 101 Abs. 2 VwGO).
11 Die Klage ist unzulässig und unbegründet.
12 1. Das Bundesverwaltungsgericht ist für die Entscheidung über die Klage gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO zuständig. Dies ergibt sich aus dem Verweisungsbeschluss des Verwaltungsgerichts München vom 5. August 2024, an den der Senat gemäß § 17a Abs. 2 Satz 3 GVG gebunden ist, aus den dort genannten Gründen.
13 2. Der Klageantrag ist so zu verstehen, dass er auch den weiteren Änderungsbescheid vom 12. Dezember 2024 mit umfasst. Mit diesem Bescheid ist die Frist zur Durchführung der genehmigten Erkundungsbohrungen um ein weiteres Jahr, bis zum 31. Dezember 2025, verlängert worden. Eine solche Änderung des Ausgangsbescheids wächst diesem an und verschmilzt mit ihm zu einer einheitlichen Entscheidung (vgl. zum Planfeststellungsrecht BVerwG, Urteile vom 18. März 2009 - 9 A 31.07 - NVwZ 2010, 63 Rn. 21 ff. und vom 28. September 2021 - 9 A 10.20 - NVwZ 2022, 724 Rn. 12). Einer gesonderten Klageerhebung bedarf es insoweit nicht.
14 3. Der so verstandene Antrag ist unzulässig. Die Klägerin ist zur Klage nicht befugt. Sie hat keine Rechtsverletzung im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO geltend gemacht.
15 Die Frist zur Durchführung von Erkundungsbohrungen ist entgegen der Auffassung der Klägerin gesondert anfechtbar. Abgesehen davon, dass die Klägerin mit ihrer Auffassung die Aussichtslosigkeit ihrer eigenen Klage postuliert, enthält die in dem hier angefochtenen Änderungsbescheid enthaltene Fristverlängerung eine eigene Beschwer, nachdem der Ausgangsbescheid vom 15. September 2021 mit dem Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 19. Juni 2024 bestandskräftig geworden ist. Die von der Klägerin im Rahmen der Klagebefugnis geltend zu machende Rechtsverletzung muss sich allerdings aus der verlängerten Frist ergeben.
16 In diesem Sinne hat die Klägerin keine eigene Rechtsverletzung geltend gemacht. Als Teil der staatlichen Verwaltung ist sie zunächst nicht Grundrechtsträgerin. Sie kann im Hinblick auf die Fristverlängerung für die wasserrechtliche Erlaubnis allenfalls geltend machen, dass ihr Selbstverwaltungsrecht gemäß Art. 28 Abs. 2 GG, ihre Aufgabe der Trinkwasserversorgung oder ihr zivilrechtliches Eigentum gemäß § 903 BGB betroffen werden. Im Hinblick auf den zivilrechtlichen Schutz des Eigentums behauptet die Klägerin lediglich, in eigenen Grundstücken betroffen zu sein, ohne dies auch nur im Ansatz zu erläutern. Soweit sie sich auf die Trinkwasserversorgung beruft, ist nicht dargetan, dass sie eine Beschädigung des Trinkwasservorkommens bereits durch die Erkundungsbohrungen sieht. Ihr Vortrag wendet sich vielmehr gegen eine bestimmte Trasse, die möglicherweise den Gegenstand des noch zu treffenden Planfeststellungsbeschlusses bilden wird. Eine eigene Betroffenheit mag sich dann aus dem möglichen zukünftigen Planfeststellungsbeschluss, nicht aber aus der Fristverlängerung der Erlaubnis von Erkundungsbohrungen ergeben.
17 4. Die Klage ist auch unbegründet. Sämtlicher Vortrag der Klägerin ist wegen der Verletzung der Klagebegründungsfrist unbeachtlich. Gemäß § 18e Abs. 3 Satz 1 AEG i. V. m. § 18e Abs. 1 AEG und § 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO gilt hier eine zehnwöchige Klagebegründungsfrist ab Klageerhebung. Die am 20. Dezember 2023 erhobene Klage war demnach bis zum Ablauf des 28. Februar 2024 zu begründen. Tatsächlich wurde die Klage erst am 8. März 2024 begründet. Eine gemäß § 18e Abs. 3 Satz 2 AEG denkbare Entschuldigung der Verspätung ist nicht erfolgt. Nach der Rechtsprechung des Senats zur Parallelvorschrift des § 6 UmwRG läuft die Klagebegründungsfrist unabhängig davon, ob über sie belehrt wurde. Auch entspricht es dieser Rechtsprechung, dass die Frist nicht durch das Gericht verlängerbar ist und dass selbst im Fall einer Verlängerung der Frist durch das Gericht dies nur in besonders gelagerten Fällen zu einer Entschuldigung führen kann, etwa wenn der Kläger hierauf sein Vertrauen stützen durfte (BVerwG, Urteil vom 23. Mai 2024 - 7 C 1.23 - BVerwGE 182, 303 Rn. 16 ff.). Ein solcher, besonderer Fall liegt hier nicht vor. Die beim Verwaltungsgericht München am 28. Februar 2024 beantragte Fristverlängerung erfolgte ausdrücklich "unbeschadet einer möglichen Rechtsfolge nach § 6 UmwRG" (gesetzliche Präklusion).
18 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.